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Stadt Neckarsulm macht Diskussion über Zukunft der örtlichen Bäderlandschaft transparent

Einwohnerinformationsveranstaltung verdeutlicht schwierigen Weg zur Entscheidung

Bevor der Gemeinderat abschließend über die Zukunft der Neckarsulmer Bäderlandschaft entscheidet, hat die Stadt Neckarsulm die Entscheidungsgrundlagen und Handlungsoptionen in einer Einwohnerinformationsveranstaltung nochmals transparent dargestellt. Oberbürgermeister Steffen Hertwig begrüßte rund 150 Besucherinnen und Besucher in der Sporthalle der Ballei. Etwa ebenso viele Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten die Informationsveranstaltung per Live-Stream auf dem städtischen YouTube-Kanal. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Diplom-Verwaltungswissenschaftlerin und Beraterin Claudia Reiser.   

Mit der Zukunft der Neckarsulmer Bäderlandschaft steht auch die Zukunft des AQUAtoll Erlebnisbades und der Saunalandschaft zur Diskussion. Soll die Stadt das AQUAtoll komplett sanieren und attraktiver machen oder das Erlebnisbad für immer schließen? „Es geht um eine der wichtigsten kommunalpolitischen Fragen in unserer Stadt“, verdeutlichte Steffen Hertwig die Tragweite der Entscheidung.

OB Steffen Hertwig: „Wir jonglieren bewusst mit mehreren Bällen“ 

Es gibt drei Handlungsmöglichkeiten, die Neckarsulmer Bäderlandschaft neu auszurichten, damit sie zukunftssicher ist, auf lange Sicht finanzierbar bleibt und ein Schwimm- und Bewegungsangebot für die Bürgerschaft ermöglicht. Die verschiedenen Lösungen führen in der Konsequenz entweder zum Erhalt oder zum Abriss des AQUAtoll Erlebnisbades. „Das macht die Entscheidung über die Zukunft des AQUAtoll sehr komplex“, bemerkte Steffen Hertwig und fügte hinzu: „Aber wir jonglieren ganz bewusst mit mehreren Bällen, um am Ende die beste Entscheidung im Sinne der Stadt treffen zu können.“

Nach mehr als 30 Jahren Betrieb ist das AQUAtoll dringend sanierungsbedürftig, wie Werkleiter Lars Nielsen anhand von Fotos stark korrodierter Bauteile, Kabeltrassen und Leitungen veranschaulichte. Dementsprechend legt die Komplettsanierung (Variante 1) das Hauptaugenmerk auf den Technikbereich des Erlebnisbades. Bürgermeisterin Dr. Suzanne Mösel erläuterte das vorliegende Sanierungs- und Attraktivierungskonzept des Planungsbüros BZM Architekten, Wiesbaden. Die Bürgermeisterin stellte auch die weiteren Handlungsmöglichkeiten im Detail vor. Zur Diskussion steht auch die Option, nur noch die Lehrschwimmbecken in Amorbach und Obereisesheim sowie das Ernst-Freyer-Bad als kommunale Bäderlandschaft (Variante 2) zu erhalten und zu sanieren. Die dritte Variante sieht vor, das AQUAtoll durch ein neues, reines Schwimmbad, das „Wilfenseebad“, zu ersetzen.

„Für viele Einwohnerinnen und Einwohner ist das AQUAtoll aus Neckarsulm nicht wegzudenken“, räumte OB Hertwig ein. „Und da bin ich ganz ehrlich: Mir geht es genauso.“ Aber angesichts der hohen Investitionskosten von bis zu 37,5 Millionen Euro und der unverändert hohen Folgekosten von bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr allein für das Erlebnisbad und die Sauna (ohne Abschreibungen) bekräftigte OB Steffen Hertwig sein Urteil: „Ich persönlich halte die Sanierung und Attraktivierung des AQUAtoll für schwer verantwortbar.“ Der Oberbürgermeister erinnerte an die vielen kommunalen Aufgaben in den Bereichen Bildung, Mobilität, Klimaschutz und Digitalisierung und erklärte: „Das was wir jetzt entscheiden, muss auch in 20 oder 25 Jahren noch finanzierbar sein. Das Gesamtpaket aus Investition und dauerhaftem jährlichen Defizit kann sich auch eine starke Stadt wie Neckarsulm nicht mehr leisten.“ Auch die Fraktionen im Gemeinderat hatten sich in der öffentlichen Sondersitzung am 21. März gegen die Komplettsanierung ausgesprochen.   

Als Alternative kann sich Steffen Hertwig ein kleineres, auf die Bedürfnisse der Neckarsulmerinnen und Neckarsulmer zugeschnittenes Wilfenseebad vorstellen. „Meiner Überzeugung nach müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen und Familien ein zeitgemäßes Angebot machen.“ Das Wilfenseebad richtet sich an Neckarsulmer Schulen, Vereine, Familien und Freizeitgruppen und ist als Schwimmhalle mit Kleinkindbereich konzipiert.

Findet sich ein privater Investor? 

Zunächst entscheidet der Gemeinderat in der öffentlichen Sitzung am 28. April, ob das AQUAtoll Erlebnisbad saniert und attraktiver gemacht werden soll. Sollte sich das Gremium gegen die Komplettsanierung entscheiden, bleibt als letzte Möglichkeit der Versuch, das Bad ganz oder teilweise zu privatisieren. Steffen Hertwig hatte die Öffentlichkeit in der Sondersitzung am 21. März informiert, dass es Sondierungsgespräche mit einem Investor gibt, der den Kontakt zur Stadt hergestellt hat und eventuell Interesse am AQUAtoll zeigt. Der Oberbürgermeister dämpfte jedoch die Erwartungen: „Ob diese Lösung überhaupt zum Tragen kommen könnte, ist völlig unklar.“ Zudem würde auch ein privater Investor verlangen, dass sich die Stadt finanziell beteiligt. „In diesem Fall müsste die finanzielle Belastung der Stadt klar definiert und begrenzt werden“, erklärte Steffen Hertwig.

Sauna soll in jedem Fall privatisiert werden

Die Stadt strebt in jedem Fall an, den Betrieb der Sauna zu privatisieren. Sowohl eine komplett sanierte Saunalandschaft am bestehenden Standort als auch ein neu errichteter Saunabereich sollen von einem privaten Anbieter betrieben werden. Sollte sich tatsächlich ein privater Investor finden, müsste die Stadt ein Interessenbekundungsverfahren starten. Dieses wäre sowohl für eine Komplettprivatisierung als auch für die Teilprivatisierung des Saunabereichs erforderlich, unterstrich Steffen Hertwig. „Wir müssen Gleichberechtigung auf dem Markt schaffen.“     

Für den Fall, dass die Komplettsanierung nicht beschlossen wird, haben die Gemeinderatsfraktionen eine Ideenwerkstatt angeregt. Dieses Format soll den Nutzergruppen die Möglichkeit geben, ihre Ideen und Vorschläge für die Zukunft der Neckarsulmer Bäderlandschaft ohne das AQUAtoll Erlebnisbad einzubringen. Den genauen Zeitplan, wie das Interessenbekundungsverfahren und die Ideenwerkstatt koordiniert werden sollen, muss der Gemeinderat noch festlegen.

„Boosterung“ des AQUAtoll scheidet als Option aus 

Eine klare Absage erteilte der Oberbürgermeister der Möglichkeit, dass Erlebnisbad mit einer „Boosterung“ technisch soweit zu ertüchtigen, dass es für einen begrenzten Zeitraum weiter betrieben werden kann. Diese Idee war im Gespräch, um die Übergangszeit bis zur Inbetriebnahme des möglichen neuen Wilfenseebads zu überbrücken. Damit würde die Betriebssicherheit in punkto Brandschutz und Lüftungstechnik übergangsweise wieder hergestellt. Aber dieses Vorgehen verursacht hohe einmalige Investitionskosten von etwa 2,5 Millionen Euro. Diese Summe wäre nicht nachhaltig investiert, weil das AQUAtoll abgerissen wird, sobald das Wilfenseebad als Ersatzlösung zur Verfügung steht. Zudem müsste der Betrieb während der Bauzeit stark eingeschränkt werden. Schließlich sind auch bei einer Ertüchtigung der Anlage Technikausfälle nicht auszuschließen. Außerdem würde in diesem Fall das AQUAtoll-Areal als Standort für das Wilfenseebad von vorneherein ausscheiden. Aus diesen Gründen hat sich der Gemeinderat bereits gegen eine „Boosterung“ ausgesprochen.    

Ohne Sanierungsbeschluss und ohne Boosterung wäre das endgültige Aus für das AQUAtoll Erlebnisbad besiegelt. Dann müsste das Bad mit Saunalandschaft kurzfristig geschlossen werden, weil das AQUAtoll ohne Sanierungsperspektive seine Betriebserlaubnis verliert. „Im Falle der Nichtsanierung hätten wir das Bad gerne noch ein paar Wochen lang offen gehalten“, versicherte Steffen Hertwig. Da aber jetzt die Freibadsaison beginnt und die Personalsituation wegen der unsicheren Zukunftsperspektive abbröckelt, wird die kurzfristige Schließung wohl nicht abzuwenden sein.

„Der Weg hin zu einer endgültigen Entscheidung enthält viele Abzweigungen“, fasste Steffen Hertwig die Inhalte der zweistündigen Informationsveranstaltung abschließend zusammen. „Aber so ist das bei Projekten dieser Dimension und Relevanz. Verwaltung und Gemeinderat werden bei jeder dieser Abzweigungen prüfen, welche Richtung für die Stadt die beste ist.“ Info: Im Rahmen der Einwohnerinformationsveranstaltung erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Stunde lang Gelegenheit, Fragen an die Fachleute auf dem Podium zu richten. Alle Fragen, die im Zeitrahmen der Veranstaltung nicht geklärt werden konnten, werden im Nachhinein auf der Projekt-Homepage unter www.baederlandschaft-neckarsulm.de beantwortet. Dort finden Interessierte auch Infos zu den verschiedenen Handlungsoptionen.

zu den Antworten auf die noch offenen Fragen

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