Eine der wichtigsten kommunalpolitischen Fragen der jüngsten Zeit in der Stadt Neckarsulm ist entschieden: Die Stadt wird das AQUAtoll Erlebnisbad mit Sauna nicht sanieren und attraktiver machen. In der Gemeinderatssitzung am 28. April 2022 stimmten 24 Mitglieder einschließlich Oberbürgermeister Steffen Hertwig gegen den Baubeschluss zur Komplettsanierung. Für die Sanierung votierten zwei Mitglieder. Es gab eine Enthaltung.
Das AQUAtoll Erlebnisbad mit Sauna bleibt noch bis Sonntag, 15. Mai, geöffnet. Ab dem 16. Mai stellen das Bad und die Sauna den öffentlichen Betrieb unter städtischer Regie endgültig ein. Das AQUAtoll Sportbad ist von dieser Entscheidung nicht betroffen und bleibt weiter regulär geöffnet. Das Ernst-Freyer-Bad in Obereisesheim öffnet am 15. Mai zur diesjährigen Freibadsaison. Aus personellen Gründen ist der parallele Betrieb von Freibad und Erlebnisbad nicht möglich. Daher wird der Beginn der Freibadsaison um zwei Wochen verschoben.
Nachdem sich die Gemeinderatsfraktionen bereits in der Sondersitzung am 21. März gegen die Komplettsanierung ausgesprochen hatten, kam die Entscheidung nicht überraschend. An der öffentlichen Sitzung in der Ballei-Sporthalle nahmen etwa 100 Besucherinnen und Besucher teil. Nach dem deutlichen Mehrheitsvotum herrschte „Totenstille im Saal“, wie OB Steffen Hertwig die Atmosphäre treffend beschrieb. „Für viele von uns ist das Erlebnisbad aus Neckarsulm kaum wegzudenken“, stellte Steffen Hertwig fest. „Und da bin ich ganz ehrlich: Mir geht es genauso.“ Angesichts der hohen Sanierungskosten stand die Entscheidung für den Oberbürgermeister jedoch fest: „ich persönlich halte es für schwer verantwortbar, für Sanierung und Attraktivierung des AQUAtoll fast 40 Millionen Euro auszugeben, dazu jedes Jahr zwei Millionen Euro allein für den Betrieb des neuen Bads.“ Die Belastung für die Stadt über alle Badbereiche inklusive Abschreibungen bezifferte der OB auf mindestens sechs Millionen Euro im Jahr. „Das ist zu viel.“
Diesem Urteil schlossen sich die Gemeinderatsfraktionen an. Sie machten gleichzeitig deutlich, wie schwer ihnen die schmerzhafte Entscheidung fällt und dass sie dabei dem Verstand und nicht dem Herzen folgen. Die Stellungnahmen der Fraktionen können auf der Projekt-Homepage unter www.baederlandschaft-neckarsulm.de nachgelesen werden.
Komplette oder teilweise Privatisierung ist nicht ausgeschlossen
Der Beschluss gegen die Sanierung bedeutet nicht, dass jetzt der Abriss des AQUAtoll bevorsteht. Darauf wies OB Steffen Hertwig ausdrücklich hin. Der Gemeinderat beauftragte die Verwaltung vielmehr, ein Interessenbekundungsverfahren für den Teil- beziehungsweise Vollbetrieb des AQUAtoll durch einen privaten externen Betreiber vorzubereiten. Ziel dieses Verfahrens ist es, auf dem Markt zu erkunden, ob womöglich ein privater Investor Interesse hat, das AQUAtoll zu übernehmen. Steffen Hertwig zufolge gibt es bereits einen Interessenten für das Gesamtbad und mehrere Interessenten nur für die Sauna.
Da die Möglichkeit einer kompletten oder teilweisen Privatisierung nicht ausgeschlossen ist, wird das AQUAtoll ab 16. Mai wie zu Lockdown-Zeiten in den technischen Ruhezustand versetzt. Die Regeltechnik wird dann auf ein Mindestmaß reduziert, um die Bausubstanz zu erhalten. Im Falle einer Investorenlösung müsste der neue Betreiber entscheiden, wie er mit der vorhandenen Bausubstanz umgeht. Darüber hinaus beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung, ein Konzept für eine Ideenwerkstatt vorzubereiten. Im Rahmen dieses Formats sollen die verschiedenen Nutzergruppen Ideen für die Neckarsulmer Bäderlandschaft der Zukunft erarbeiten. Das genaue Format und den Zeitplan muss der Gemeinderat noch festlegen.